65 Jahre hat es in mir gebrodelt: Tag für Tag, Nacht für Nacht. Immer wieder habe ich mich mit all meiner mir zur Verfügung stehenden Kraft gefragt: Hao, wie sieht Deine Berufung aus? Graveur? Soldat? Jugendreferent? Diakon? Freier Journalist? Prediger, Trauerredner? Versicherungsfachmann? Rentner? Das kann es nicht sein? Da ist doch noch mehr. Ich bin ich.
Ich will es wissen, warte auf eine Eingebung aus der geistlichen Welt, wenn es geht auf einem kobaltblauen Strahl. Mein höheres Selbst hat so gelitten, meine Chakren sind verstopft und mein Drittes Auge hat auch Fielmann mit einer Spezialbrille nicht öffnen können.
Ich stecke voller Blockaden, mein Gallenmeridian ist verstopft, die Thymusdrüse liegt in den letzten Zügen, mein Karma scheint mich zu erdrücken, mein Nierenpunkt eiert und die Urspungsenergie auf meiner Fußsohle ist abgelaufen.
Meine Schwingungsfrequenz ist im Dut, die Wächterkugeln haben ihre Wirkung verloren, die Lichtarbeiter tappen bei mir im Dunklen und der Gardien schläft vor sich hin. Alle Schwingungsfrequenzen haben versagt, und der Ring der Schützer hat auch seinen Geist aufgegeben. Ich armes Menschenkind, ich bin verzweifelt, die aufgestiegenen Meister haben mich verstoßen und meine Lebensblume ist schon lange verdorrt. Die Atlantis Matrix Quantenheilung passt nicht mehr und meine Lichtpyramide ist zu einer blassen Funzel verödet. Die Salomonische Bärenenergie schlägt nicht mehr durch: Ich bin am Ende. Und das Schärfste: Ich hab sogar heute wieder einmal die Losung verwechselt. Das hat aber scheinbar keiner gemerkt.
Während ich stumpfsinnig in meinem Kobel sitze, um mir Gedanken über mein weiteres Leben zu machen, trudelt eine Mail ein, auf die ich schon zeitlebens gewartet hatte. Heureka, ich habs gefunden. Nein, ich bin gefunden worden. Von wem? Von den Tempelrittern. Staunend und zugleich bebend lese ich meine Berufung:
Es gibt sie tatsächlich noch, die „Ritter der Tafelrunde“. Doch heute wird nicht mehr um Jerusalem gekämpft. Unser „moderner Kreuzzug“ ist ein Kampf gegen die Zersetzung der Ethik und Ordnung auf der ganzen Welt. Im Unterschied zum mittelalterlichen Orden ist der Alte Souveräne Templer Orden jedoch keiner bestimmten Religion verpflichtet. Damit der Templerschatz auch weiterhin gut behütet wird, hat der Orden seine Pforten geöffnet um neue würdige Menschen aufzunehmen.
Das wollte ich doch immer. Es lebe die Ethik und Ordnung auf der ganzen Welt und besonders in meinem Kobel.
Wir begnügen uns heute aber nicht damit, nur von der Vergangenheit zu träumen, da doch unsere geistigen Väter ganz auf die Zukunft hin orientiert waren. Deshalb fördert der A.S.T.O. mit der „Templer Erfolgsmethode“ auch die Entwicklung seiner Mitglieder und ihren privaten und beruflichen Erfolg.“
ASTO? Fehlt da nicht noch ein R? Privater und beruflicher Erfolg. Prima, jetzt gibt es endlich eine fette Rentenerhöhung.
„Wer diesem erlauchten Kreis aller Berufs- und Bildungsgruppen, von Adel, Stand oder Geld, angehören möchte, dem wird jetzt die Gelegenheit geboten, Ritterkreuzträger des A.S.T.O. zu werden. Das Ausleseprinzip hat aber auch hier Vorrang.“
Na, ob ich da unbedingt der Richtige bin mit meinem bescheidenen Lebenswandel?
„Die Aufnahme in den Orden ist nicht zu erkaufen. Zwei Ordensmitglieder müssen den neuen Ritter vorschlagen. Zwei Ritter, die Sie im Verlaufe der Zusammenarbeit kennen lernen werden. Eine solche Ernennung zum Ritter, mit Schwertleite, eröffnet vielen Menschen ungeahnte Tore. Denn die Ordensritter wohnen in zahlreichen Ländern, sind im Allgemeinen vermögend, von gesellschaftlichem Ansehen, sind entweder erfolgreich selbstständig oder bekleiden öffentliche Ämter. Solche Verbindungen, die durch die regelmäßig stattfindenden Konvente und Kapitel des Ordens vertieft werden, bieten auch überregional interessierten Persönlichkeiten eine gute Chance, neue Kontakte auf echter Vertrauensbasis anzuknüpfen und zu nutzen. Immer wieder finden sich Ordensritter bereit, die Aufnahme neuer Ritter zu fördern und für diese zu bürgen.
Wenn Sie also in unserem „modernen Kreuzzug“ zur Erhaltung der ritterlichen Tradition und abendländischer Kultur „mit zu streiten“ gedenken und wenn Sie einem Männerbund angehören möchten, dann melden Sie sich noch heute >>HIER<< für eine kostenlose, zweimonatige Testmitgliedschaft an! Ralph von Reichenbach (Der Ordensgroßmeister)“
Für schlappe 10 € als Einstieg bekomme ich eine „Proberüstung“, mit der ich zwei Monate „spielen“ kann. Wenn ich dann mit allen heiligen Wassern gewaschen bin, käme dann, wenn ich will, die Vollmitglied. Und das kostet nur 1 € am Tage. Das ist doch geschenkt.
Nun überlege ich: Bleibe ich in meinem kleinen Kobel, oder trete ich als Ritter auf, auch wenn ich nur einen Uraltgolf habe?
Ich schaue mir das Impressum an und staune nicht schlecht. Die Oberritter sitzen in Panama und Dublin. Komisch, ich dachte immer, dass Jesus in Jerusalem beerdigt wurde. Was soll ich nun machen? Für nur 365 € im Jahr könnte ich zum amtlich bestallten Weltverbesserer werden. Aber ehrenamtlich für die sittliche Erneuerung der Welt arbeiten und dafür noch zahlen?
Während meine Gedanken auf kosmische Weltreise gehen, kommt die zweite Mail. Auch hier staune ich:
„Es ist eine einzigartige Gelegenheit, die Sie nicht verpassen dürfen: Am kommenden Freitag 13. erwartet Sie die Chance Ihres Lebens. Mit einem großen möglichen Gewinn in Aussicht, der wahrscheinlich Ihr gesamtes Leben in ein wunderbares Glück und unglaublichen Reichtum kippen läßt, von denen Sie schon seit langem träumen. Ja. Zweifeln Sie nicht daran! Ihr Schicksal scheint nun unter das Glückssymbol der Zahl 13 gestellt. Und Sie müssen unbedingt von der Magie des Freitag 13. profitieren, indem Sie die wichtigen Enthüllungen erfahren, die ich für Sie reserviert habe in Ihrem großen speziellen Hellsehen „Freitag 13“ >folgen Sie diesem Link< . Es gibt diese Liste von Gewinnzahlen, die Sie persönlich betrifft! Fordern Sie sie gleich von mir an. Das ist völlig gratis für Sie.“
Das ist zuviel: Ich schüttele mich kurz und denke: Hao, bleib bei deinen Leisten! Und die befinden sich nicht in Panama oder Irland, auch nicht bei Astroway in Honkong, sondern in meinem Kobel und bei dem, der mir sagt, dass ich den Schwachsinn aus der geistlichen Welt nicht im Geringsten brauche, denn nur bei Jesus Christus gibt es wahren und bleibenden Frieden.
Da mache ich wohl was falsch, ich bekomme nie solche Angebote. Schätze mal mein Spamfilter ist dran schuld; kann auch daran liegen dass ich keinen 9,99 Euro Provider habe….
Gruß
Rudi
By: Rudi on 15. Oktober 2015
at 12:06
Bei einer Homepage und einem Blog rutscht immer was durch…..
By: Hao on 15. Oktober 2015
at 13:02